Einige von euch erinnern sich sicherlich, dass ich vor einiger Zeit die Ratingagentur Alethena vorgestellt habe, die kurz vor Beginn eines ICOs stand. Seitdem hat sich bei Alethena viel verändert und ich möchte euch im folgenden die Neuigkeiten in einem Interview mit CEO Markus Hartmann näher bringen.

AS: Hallo Markus, danke, dass du dir die Zeit genommen hast! Wie ist der ICO verlaufen und was ist seitdem bei euch passiert?
MH: Alethena hat den ICO Ende 2017 geplant und bei der Schweizer Finanzmarktaufsicht (FINMA) nach Publikation der Guidelines Ende Februar den No-Action Letter für ein ICO im Mai / Juni 2018 erhalten. Aufgrund des starken Hypes an den Märkten haben wir bereits frühzeitig verschiedene Alternativen geprüft, falls sich das Marktumfeld grundlegend verändern sollte – was dann gleich zu Jahresbeginn eingetreten ist. Da das ICO für uns nicht nur eine Finanzierungsrunde sondern auch einen Proof of Concept der von uns entwickelten Due Diligence Methodologie darstellte, entschieden wir uns, nichtsdestotrotz dieses Offering durchzuziehen. Nebst dem Crowdsale waren wir auch bei vielen professionellen Investoren vorstellig und konnten sie für unsere Idee begeistern. Diese Investoren wollten dann auch langfristig am Erfolg der Firma partizipieren, weshalb für sie ein Investment in einen Token nicht infrage kam und sie lieber in Aktien investierten. Trotz der Ausgestaltung unseres Tokens mit Versprechen zur Übertragung der Aktionärsrechte konnten wir natürlich keine gesetzeskonforme Lösung anbieten, bei welcher die Rechte effektiv einklagbar sind. Die Problematik lag stets darin, dass die Aktien inkl. allen darin enthaltenen Rechten und Pflichten natürlich weiterexistierte (Koexistenz von Token und Aktien). Die Generalversammlung war nur für die Aktionäre und diese konnte über die Vorschläge des Verwaltungsrats entscheiden. Bevor beispielsweise eine Ausschüttung der Unternehmensgewinnung an die Token Halter möglich wurde, mussten also der Verwaltungsrat und die Generalversammlung zuerst die nötigen Weichen stellen (ohne Zwang). Theoretisch hätte der gesamte Gewinn an die Aktionäre ausgeschüttet werden können ohne dass die Token Halter eine Rappen gesehen hätten. Da wir aber keine Zweiklassengesellschaft wollten und die Crowd möglichst gleichberechtigt halten wollten, haben wir auf Investments vorerst verzichtet.
AS: Wie kam es zu der Idee, die ersten richtigen Aktien auf der Blockchain abzubilden?
MH: Als sich dann der Tokensale leider nicht wie gewünscht entwickelt hatte und wir den Softcap nicht erreichten, traten wir wie geplant in die drei Monatige Phase ein, wo wir uns Alternativen suchen wollten. Basierend auf den oben genannten Vorstellungen der professionellen Investoren und den Vorteilen der Blockchain Technologie sowie einem im Juni erschienenen Artikel von Hans Caspar von der Crone, Rechtsprofessor an der Universität Zürich, entschieden wir dann, das Projekt «Tokenisierte Aktien» zu starten und einen Blueprint zu entwickeln. Diese Aufbruchsstimmung hat uns durch den Sommer begleitet und im Herbst haben wir das Projekt erfolgreich abgeschlossen.
AS: Eines der Probleme ist ja, dass nach schweizerischem Recht die Versammlung rechtlich nicht an eine Abstimmung der Token Halter gebunden ist und sich dieses Recht nicht an einen Token binden lässt. Wie wurde dieses Problem gelöst?
MH: Dieses Problem hat das Gesetz für uns gelöst denn bei uns sind die Token Halter die Aktionäre. Einen Token Besitz ist ein Aktien Besitz. Wenn der Token übertragen wird, wird auch die Aktie übertragen. Wenn man sich mit dem Token in das digitale Aktienregister eintragen lässt, kann man alle Aktionärsrechte laut Schweizer Recht wahrnehmen, u.a. Stimmrecht an der Versammlung. Eine Einladung für die Versammlung wird dann automatisch vom digitalen Aktienregister zeitnah verschickt. Die Token Halter sind also de facto und de jure an alle Rechte des Aktienrechtes gebunden.
AS: Welche rechtlichen Probleme gab es auf dem Weg zu lösen?
MH: Die Schwierigkeit war vor allem die Einbindung von Aktien in Token in den Statuten der Firma festzuhalten und zu regeln. Die Statuten sind für diese Einbindung zentral. Die Statuten sind das Grundgesetz, die Verfassung der Aktiengesellschaft. Sie regeln – im Rahmen des Gesetzes – die Rechtsverhältnisse der Aktiengesellschaft im Innenverhältnis und, in gewissen Hinsichten, auch gegen aussen. Wenn die „Tokenisierung“ der Aktien in den Statuten geregelt ist, erhöht dies die Rechtssicherheit der Übertragung enorm. Diese Statutenänderung musste durch das Eidgenössische Handelsregisteramt (EHRA), welches die oberste Autorität auf Bundesebene darstellt, genehmigt werden.
AS: Wie wird es bei euch in Zukunft weitergehen?
MH: Unser Hauptfokus liegt natürlich auf dem operativen Geschäft, wo wir erfolgreich unsere Due Diligence Services für professionelle Investoren wie Vermögensverwalter und Family Offices anbieten und daneben auch mit anderen Institutionen wie auch Banken zusammenarbeiten. Hierbei spielt selbstverständlich das Thema Daten je länger je mehr eine zentrale Rolle. Daneben erfahren wir bereits reges Interesse an unserer Tokenisierungslösung für Aktien, welche wir bereits Anfang 2019 bei ersten Kunden pilotieren möchten und arbeiten selbstverständlich auch am Thema Handelbarkeit dieser Tokens an zentralen Börsen, sobald die entsprechenden Lizenzen verfügbar sind.
AS: Danke für das Interview!
An dieser Stelle möchte ich gerne noch allen Leserinnen und Lesern fröhliche Weihnachten und hoffentlich weiter steigende Kurse wünschen!
-Lukas Fiedler
Disclaimer – Hinweis auf Interessenkonflikt: Der Autor oder Teile des Autorenteams sind in die oben genannten Kryptowährungen selbst investiert oder werden in diese investieren (Dies wird ab jetzt standardmäßig unter jedem Artikel erscheinen, da es sein kann, dass zu einem Zeitpunkt nach Veröffentlichung des Artikels investiert wurde).
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